· 

Buchtest in Berlin

Ich war mal wieder in der Hauptstadt. Bei der Planung stieß ich auf das Buch "Berlin fotografieren - Szeneviertel, Kieze und Berliner Leben" von Andreas Böttger und Nancy Jesse. Der Untertitel verspricht "die schönsten Fototouren durch die Hauptstadt". Jetzt kenne ich ja Berlin durch viele Besuche schon recht gut und war daher sehr gespannt.

Tour 1 "F-Hain - Zwischen Boxi und Schlesi" bin ich komplett gelaufen, mit unterschiedlichen Eindrücken. Von der "Wall of Fame" am Kino Intimes (Das heißt so, weil es sehr klein ist.) war ich enttäuscht, die versprochenen Streetartwand hatte ich mir doch deutlich größer vorgestellt. Am Boxi war leider auch wenig los. Die Spätis (kleine Läden, die bis weit in die Nacht aufhaben) sollte man aber auf dem ganzen Weg im Blick haben. Jeder ist anders.  Richtig spannend wurde es am RAW-Gelände: Streetart,  wohin man auch blickt. Ich hatte vor Jahren schon mal kurz rein geschaut, der Eindruck war jetzt noch besser. Hier kann man sich Zeit lassen, das Auge entdecken lassen und endlos Fotografieren. Auf der Warschauer Brücke und am Bahnhof "Warschauer Straße" war auch tagsüber richtig viel Leben, hier lohnen sich Streets, die auch man aber sehr verdeckt machen sollte. Die East-Side-Gallery war natürlich touristisch überlaufen, aber doch auch mal wieder interessant. Einer der Künstler "renovierte" gerade sein Bild, das war natürlich ein toller Zufall. Die anschließende Oberbaumbrücke gibt alleine architektonisch in ihrem Fußgängerübergang einiges her. Auch Streets wirken in dieser Architektur. Der auf  Stelzen stehende gebogene Bahnstrang zum Bahnhof "Schlesisches Tor" und der Bahnhof selbst bieten weitere schöne Motive. Insgesamt also war die Tour 1 sehr lohnenswert.

Tour 3 "Das Scheunenviertel und die Spandauer Vorstadt" bin ich in großenTeilen gelaufen, einiges wie z. B. die Hackeschen Höfe oder den Bahnhof Friedrichstraße kenne  ich schon zur Genüge, die habe ich mir geschenkt. Haus Schwarzenberg ist ein toller Tipp, mehr will ich hier nicht verraten. Leider wird das Haupttelegrafenamt gerade saniert, und die sehenswerte Fassade ist vollkommen verdeckt. Clärchen's Ballhaus hat auch einen wunderschönen Biergarten und im Monbijoupark an der Spree sitzend, kann man auch herrlich die müde gelaufen Beine ausruhen lassen. Insgesamt eine sehr spannende Tour, vielleicht auch gerade für Berlin Neulinge.

Auch die Tour 4 "Prenzlberg: Gestern Aussteiger, heute Aufsteiger" bin ich in Teilen gelaufen. Auch hier ist der Weg sehr gut gewählt und perfekt beschrieben. Warum sich allerdings auf Seite 144/145 ein doppelseitigen Bild von der Schaltzentrale des Umspannwerkes befindet, die man überhaupt nicht besichtigen kann, ist für mich rätselhaft. Den Mauerpark am Sonntag muss man einfach erlebt haben. Und wie die Autoren schreiben, sollte man beim Fotografieren hier sehr unauffällig sein, dann können hier tolle Schnappschüsse gelingen. Die sehr nachdenklich machende Gedenkstätte "Berliner Mauer" kann ich nur jedem empfehlen. Die Ecke Eberswalder am gleichnamigen Bahnhof habe ich mehrfach zu unterschiedlichen Tageszeiten erlebt. Am Abend im Dunkeln gibt sie fotografisch mit Tram und oberirdischer U-Bahn am meisten her. Die Kunsttankstelle hat was, auch wenn der Kopf des Wolfes (eine tolle Streetart) inzwischen leider zugewachsen ist. Die Zionskirche als Ruhepol ist sehr beeindruckend mit ihrem leicht maroden Charme im Inneren. Ich hatte auch noch das Glück hier zwei Organisten zuhören zu dürfen. Das war ein gelungene Zeit der Achtsamkeit. Wie auch die ganzen Wege sehr achtsam gegangen werden wollen, um so vieles Zusätzliches  zu entdecken.

Tour 2 im Wedding, Tour 5 City West und Tour 7 Kreuzberg/Neukölln kenne ich von früheren Besuchen in weiten Teilen, auch diese Touren versprechen viele tolle Eindrücke und natürlich auch Bilder, wenn man sie mit der nötigen Muße angeht. Lediglich Tour 6 durch Schöneberg kenne ich nicht.

Zu allen Touren gibt es eine Karte, auf der der Weg mit den wichtigen Punkten exakt eingezeichnet ist. Also rundum ein gelungenes Buch, das ich allen Fotografinnen und Fotografen für einen spannenden Berlin-Besuch nur empfehlen kann. Es gibt viel anregendes Bildmaterial, wobei ich vor allem die jeweiligen Doppelseiten zu Beginn einer Tour empfehle, die man leicht überblättert. Das Buch hat nur einen Nachteil, es ist gewichtsmäßig recht schwer, weil es auf sehr gutem Papier gedruckt ist, aber es ist auch als E-Book erhältlich. Ich habe allerdings vor der Tour die Texte sehr intensiv gelesen, die jeweilige Karte mit dem Smartphone abfotografiert und kam so sehr gut zurecht.