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Gaudi oder Gaudi

Oktoberfest oder Barcelona, beide haben etwas mit Gaudi zu tun. Gaudium (lat.) heißt auf deutsch "Freude" und auch "innere  Freude", es meint also weniger oberflächlichen Spaß. Mir geht's heute aber um den Gaudi aus Barcelona. Ich war ein paar Tage in dieser schönen, lebensfrohen Stadt, habe viel gesehen und auch einiges fotografiert. Dazu aber später mehr. Jetzt sitze ich im Flieger und warte auf den Abflug, der sich wegen schwerer Turbulenzen an meinem Zielflughafen in Frankfurt noch mindestens 45 Minuten verspätet. Was gibt es besseres als die Zeit achtsam zu nutzen und meine Erfahrungen in einem neuen Blogbeitrag aufzuschreiben.

Antonio Gaudi ist ein inzwischen wieder sehr bekannter Architekt aus Barcelona. Einge Jahrzehnte war er weniger beachtet. Sein Hauptwerk ist die Sagrada Familia, eine Kirche,  an der schon sehr lange gebaut wird und auch noch von den Nachfolger nGaudi weitergebaut wird. Bis 2026 soll sie zum 100. Todestag von Gaudi endlich fertiggestellt sein. Der Baustil ist einzigartig, Gaudi hat durch organische Formen einen riesigen Raum geschaffen. Er hat die Probleme der Gotik überwunden, er braucht keine zusätzlichen Hilfsstützen. Einfach genial. So sehr viel hatte ich eigentlich nicht erwartet, von Außen bildet sie mit den bisher vorhandenen 8 von 18 (!) Türmen auf den ersten Blick eher einen Zuckerbäckerstiel.  Ich freute mich eher auf die anderen Bauwerke von Gaudi, die in ihrer Vielfalt und Buntheit den spanischen Jugendstil, den Modernisme geprägt haben und natürlich auf die Vielfalt dieser lebendigen Stadt. Die Besichtigung der Sagrada Familia hat mich dann aber so sehr ergriffen, diese Wirkung von Höhe, die organische Architektur und das faszinierende Spiel mit dem Licht und den Farben der Fenster, die mit dem Lichteinfall den Raum füllen. Ich wollte diesen Raum nicht mehr verlassen. Das war ein Innehalten, ein Sehen, eine Faszination. Ich habe auch fotografiert, aber die Bilder können das nicht wiedergeben. Die Kirche war gefüllt von Besucher, die ich vollkommen ausblenden konnte. Ich war in tiefer Achtsamkeit voll und irgendwie alleine in diesem riesigen Raum. So etwas habe ich selten erlebt. Im weiteren Verlauf des Tages wollte ich auch nichts Neues mehr sehen. Auch die anderen Gebäude von Gaudi, auf die ich mich eigentlich gefreut hatte, zogen nicht mehr. Im Café sitzen und einen Cafe solo genießen, die sturen, fast unfreundlichen Kellner, die so typisch sind für Barcelona, beobachten, Bummeln und später ein paar gute Tapas essen - das war der schöne Rest des Tages.

Fotografiert habe ich in den Folgetagen schon noch einiges, aber der Gaudi-Tag wirkte immer noch nach. Die gotische Kathedrale von Barcelona, die eine ähnliche Größe und Höhe hat, ist auch staunenswert, aber die Leichtigkeit und das Licht der Architektur von Gaudi fehlen. Er hat wirklich die Gotik, die schon eine geniale Architektur ist, überwunden oder zumindest extrem gesteigert. Die Lockerheit, die ich für die Streetfotografie brauche, wollte sich in dieser andauernden Ergriffenheit und Faszination in Barcelona nicht einstellen. Mir war sie jetzt in diesem Moment einfach zu banal, auch eine neue wichtige Erfahrung. Erfahrung von Ergriffenheit in einer lebendigen, lebensfrohen Stadt ist doch auch mal was. Ob das auch mit meiner Achtsamkeit zu tun hat? Auf jeden Fall hat Gaudi in mir eine innere Freude (Gaudium) angeregt. Ich bin natürlich dennoch sehr gespannt auf meine Bilder, es sind mal wieder nicht so wahnsinnig viele Bilder wie früher - aber dafür hoffentlich sehr gute. Es war mal wieder Fotografie und Achtsamkeit in schöner Kombination.

Und einen Besichtigungstipp für Barcelona möchte ich auch noch geben: Schau dir dort das Hospital Sant Pau (https://de.wikipedia.org/wiki/Hospital_de_la_Santa_Creu_i_Sant_Pauan). Es ist neben den vielen anderen großen Sehenswürdigkeiten Barcelonas eher unbekannt. Auch Anfang des 20. Jahrhunderts als Krankenhaus für Arme gebaut, könnten sich dort viele heutige Krankenhaus-Architekten mal ein Beispiel nehmen, wie eine gesundheitsfördernde Bauweise und Gestaltung aussehen kann. Ich habe auch dort mehrere sehr interessante und informative Stunden verbracht. Schon der Baustil, der auch dem Modernisme zugerechnet wird, fasziniert sehr stark, die Idee dahinter noch mehr.

Barcelona hat so vieles zu bieten. Ich komme wieder. So jetzt geht auch der Flug endlich los.

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Das heutige Bild ist eine Licht- und Farbimpression aus der Sagrada Familia.